Resilienz und baukulturelles Erbe

Anlass und Hintergrund

Die Urbane Agenda für die EU bringt europäische Akteur:innen, der Mitgliedstaaten, aus Regionen und Städten zusammen, um innovative Lösungen in der Stadtentwicklung zu erarbeiten. Eine der 14 thematischen Partnerschaften befasste sich mit Kultur und kulturellem Erbe und wurde federführend von BMWSB und BBSR gesteuert. Die Aktion 8 „Guiding Principles for Resilience and Integrated Approaches in Risk and Heritage Management in European Cities” setzte sich dabei vertiefend mit der Verschneidung der Themenfelder Resilienz und Baukultur auf europäischer Ebene auseinander, um integrierte Ansätze des Risikomanagements für das baukulturelle Erbe zu stärken.

In der Praxis zeigt sich jedoch oft eine fehlende Verknüpfung zwischen dem Management des (bau-)kulturellen Erbes und dem Risikomanagement auf der lokalen Ebene: Meist beziehen sich weder die Planungsinstrumente beider Bereiche aufeinander, noch sind Formate und Prozesse der Kooperation und Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteursgruppen etabliert. Hinzu kommt die Problematik, dass ohnehin in den meisten Ländern Präventions- bzw. Anpassungsaktivitäten der Stadt- und Raumplanung einerseits und Vorbereitungen auf potenzielle Bedrohungen und Katastrophenfälle durch den Katastrophenschutz andererseits nicht ausreichend verknüpft sind. Häufig werden keine Prinzipien und Ziele für konkretes Erbe- und Risikomanagement vor Ort definiert oder sie werden nicht ausreichend transparent kommuniziert. Auch fehlen entsprechende Austauschformate zwischen den relevanten Akteuren, und Schnittstellen im Bereich gesetzlicher Vorschriften werden häufig nicht genutzt.

Zentrales Anliegen des Forschungsvorhabens war es daher, die bestehenden integrierten Ansätze zwischen Risiko-Erbemanagement und der Resilienz des baukulturellen Erbes zu analysieren und auf dieser Grundlage einen Austausch der relevanten Akteur:innen in Gang zu setzen, um schließlich Leitlinien und Empfehlungen für den künftigen Umgang zur Förderung einer integrierten Arbeitsweise entwickeln zu können. Dies wurde in einem ersten Schritt auf europäischer Ebene betrachtet und anschließend mit einem Fokus auf kommunale Praxis in Deutschland tiefergehend untersucht.

Wesentliches Ergebnis des Forschungsprojekts sind die entwickelten Leitprinzipien zur Stärkung eines integrierten Risikomanagements im Umgang mit baukulturellem Erbe für lokale, regionale und nationale Akteure im europäischen Raum auf den verschiedenen Planungs- und Handlungsebenen von Risiko- und Kulturerbemanagement. Die Prinzipien orientieren sich an den drei wesentlichen Stufen des Risikomanagements – dem Verstehen, dem Bewerten und dem Managen von Risiken – und dienen als Hilfestellung für die vertiefende Beschäftigung mit und die Entwicklung von einem integrierten Risikomanagement.

 

Guidance Paper

Die für die europäische Ebene übertragbaren, zentralen Erkenntnisse sowie die Leitprinzipien wurden in einem englischsprachigen Handbuch zusammengefasst und veröffentlicht. Das Forschungsprojekt machte beispielweise den Bedarf deutlich, die Schnittstellen der Bereiche Stadtentwicklung, Risikomanagement und (bau-)kulturelles Erbe zu stärken. Das Guidance Paper zeigt solche und weitere Handlungsbedarfe und -empfehlungen auf übergeordneter und politischer Ebene auf. Als zentrales und übergreifendes Leitprinzip gilt die Notwendigkeit, einen „lernenden Prozess“ zu entwickeln, der es ermöglicht, dass laufend neue Erkenntnisse in den Prozess einfließen. Es wird empfohlen, integriertes Risikomanagement im interdisziplinären Schulterschluss zwischen Risikomanagerinnen und -managern sowie Kulturgutschützerinnen und -schützern zu entwickeln.

 

Arbeitshilfe für die kommunale Praxis

Ein wirkungsvolles Risikomanagement muss immer lokalspezifisch und im Rahmen der geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen entwickelt werden. Kommunen und ihren Verwaltungen tragen hierbei eine besondere Verantwortung. Um die Ergebnisse des Forschungsprojektes für Kommunen in Deutschland praxisnah aufzubereiten und diese so bei der Entwicklung eines integrierten Risikomanagements zu unterstützen, wurde eine Arbeitshilfe entwickelt. Sie richtet sich vor allem an kommunale Akteure an der Schnittstelle von Baukulturerbe und Risikomanagement. Als Nachschlagewerk und Handlungsleitfaden unterstützt die Arbeitshilfe diese lokalen Stellen bei der Struktur- und Kompetenzentwicklung („capacity building“) als „Hilfe zur Selbsthilfe“, um die Resilienz ihres baukulturellen Erbes zu stärken. Darüber hinaus wird die Erstellung und anschließende Fortschreibung eines „Integrierten Risikomanagementkonzeptes“ als mögliches neues Instrument für die kommunale Planungspraxis empfohlen, indem einzelne Arbeitsschritte und Aufgaben exemplarisch durchlaufen und mit passenden Werkzeugen erleichtert werden. Dabei fokussiert die Arbeitshilfe vor allem auf städtebauliche Aspekte und bietet konkrete Unterstützung insbesondere für die Entwicklung und Realisierung präventiver Ansätze.

Zudem werden weitere praxisorientierte Hinweise vermittelt, beispielsweise zur Durchführung eines (oben beschriebenen) Planspiels, das im Rahmen integrierten Risikomanagements als Plattform des interdisziplinären Austauschs sowie zur Diskussion neuer Ansätze dienen kann, oder auch zu aktuellen Fördermöglichkeiten für analytische oder umsetzungsorientierte Maßnahmen im integrierten Risikomanagement.

Ort

Europa

Auftraggeber

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Raum-, und Stadtentwicklungsforschung
BMWSB – Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Beauftragung

Forschungsprojekt

Bearbeitungszeitraum

01|2021 – 12|2023

Team

Plan + Risk Consult

Dr. Carola Neugebauer (Juniorprofessur zur Sicherung kulturellen Erbes, RWTH Aachen)